Wer backen will, braucht Energie, und zwar jede Menge und davon immer mehr auch zum Kühlen. Die Bekämpfung des ­Klimawandels und steigende Energiekosten betreffen Bäcker ­unmittelbar. Die Umstellung auf energieeffiziente Technologie und erneuerbare Energieträger sind Investitionen, die das Bäckerhandwerk zukunftsfähig machen. 

Wieviel Energie an welcher Stelle einer Bäckerei verbraucht wird, ist gar nicht so einfach zu ermitteln. Hat die Bäckereien ein angeschlossenes Café, umfasst die Betriebsfläche 200 Quadratmeter oder 1.200, wird der Teig noch selbst hergestellt oder wird mit Teiglingen gearbeitet, die gekühlt werden müssen? Eine der umfassendsten Studien zum Thema wurde 1998 in Österreich erstellt, vielen der Kennzahlen sind auch heute noch im Umlauf. So wird der Energieverbrauch mal in Relation zum kg verarbeitetem Mehl gesetzt (3,4 kWh), mal über den Quadratmeter Betriebsfläche abgeleitet (rund 500 kWh pro Jahr). Eine Bäckerei, die 60 Tonnen Mehl pro Jahr verarbeitet, würde demnach 204.000 kWh Energie verbrauchen – und müsste im Umkehrschluss 408 Quadratmeter groß sein.  

Auch der Energiekostenanteil am Umsatz von rund 3 Prozent, im Branchenvergleich einer der höchsten Raten, wurde bereits 1998 erstmals protokolliert. Angesichts der Energiekostenentwicklung in den letzten Jahren dürfte er heute deutlich höher liegen.  

Doch gerade jetzt rechnen sich Investitionen in neue Maschinen und Technologien für Backen, Kühlen und Beleuchtung mehr denn je. Der Zentralverband Deutsches Bäckerhandwerk e. V. nennt bei Backöfen ein Einsparpotenzial von 15 bis 30 Prozent. Enegie aus ökologischen Quellen und Energiemanagementsystem nach den internationalen Normen ISO 50001 und ISO 50005 bieten Ansatzpunkte, sowohl Kosten als auch CO2-Emissionen auf deutlich zu senken. So hat der US-amerikanische Backofenproduzent AMF Den Boer erstmals einen mit Wasserstoff befeuerten Tunnelofen entwickelt und stellt ihn auf der IBA vor.  

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten.  Doch für viele Bäckereien stellt sich die Frage: Wo soll ich anfangen? 

DIGITALE ERFASSUNG UND ÜBERBLICK FÜR DEN RICHTIGEN EINSTIEG 

Einen ersten Überblick über die Verbrauchswerte im Betrieb bietet das E-Tool Webportal für Handwerksbetriebe, das auch auf der IBA präsentiert wird. Die Nutzer können ihre Energiedaten eingeben, dann werden diese zentral gesammelt und analysiert. Damit erhalten sie Informa­tionen über Volumen und die jeweiligen Anteile in einzelnen Produktionsbereichen und können so sehen, wo sich  Energiefresser oder Optimierungsmöglichkeiten befinden.  

Das Online-Portal unterstützt die Bäckereien aber nicht nur bei Auswahl und Start der richtigen Maßnahmen fürs Energiesparen. Es zeigt mit einer betrieblichen CO2-Bilanz auch auf, wie die Betriebe auf erneuerbare Energien und eine nachhaltige Produktion umstellen können. VMI verknüpft mit der IoT-Plattform Octopus Solutions die Maschinen, Geräte und andere technische Anwendungen für einen zentralen Überblick über die Verbrauchswerte. So sollen die Nutzer ihre Produktionsabläufe verbessern und die Maschinen effizienter einsetzen können. 

KLEINE MASSNAHME MIT GROSSE EFFEKTEN 

Unternehmen können bereits vor Investitionen in energieeffiziente Backöfen und Maschinen aktiv werden und ihre gegenwärtig in Betrieb befindlichen Geräte mit überschaubaren Maßnahmen auf Sparsamkeit trimmen. Die Mittelstandsinitiative „Energiewende und Klimaschutz“ (MIE) rät beispielsweise zu genau abgestimmten Produktions- und Schaltzeiten.  

Weitere Ansatzpunkte für die tägliche Produktion ergeben sich, wenn die Bäcker die Warmhaltezeiten reduzieren und die Türen der Backöfen mit einer besseren Dämmung versehen. Während der Stillstandszeiten der Backöfen sinken dort naturgemäß die Temperaturen. Der Einbau einer Abgasklappe hilt, Auskühlung zu verhindern und den Temperaturverlust zu reduzieren. Neben diesen einfachen und schnell umsetzbaren Aktionen sind die Nutzung der beim Backprozess entstehenden Abwärme eine weitere Maß­nahe, Energie zu sparen. 

NUTZUNG DER ABWÄRME SENKT ENERGIEKOSTEN 

Durch Nutzung der Abwärme, also der technisch nutzbaren Wärme, die als Nebenprodukt sowohl beim Backen als auch beim Kühlen entsteht, werden somit nicht nur die Kosten gesenkt, die Bäckereien verkleinern auch ihren CO2-Fußabdruck. EnEff Bäckerei, das Netzwerk zur Steigerung der Energieeffizienz in Bäckereien, sieht hier großes Potenzial. Rund 20 Prozent der in den Backöfen eingesetzten Energie würden als Schwaden-, Oberflächen-und Abgasverluste nach außen an die Umgebung abgegeben. Mit Hilfe von Wärmerückgewinnungsanlagen können die Bäckereien diesen Verlust verhindern oder zumindest deutlich verkleinern. Im Verlauf des Prozesses fangen Rauchgas- oder Schwaden-Wärmetauscher die Abwärme an den Öfen auf. Bei den Rauchgasen kann ein Luft-Wasserwärmetauscher rund die Hälfte der Energie, die an die Umgebung abgegeben wird, zurückgewinnen. Bei der Beschwadung verhindert ein Schwadenkondensator den Verlust der wertvollen Energie. In beiden Fällen wird die eingefangene Energie in einen Pufferspeicher geleitet. Sie steht dann für die Beheizung der Arbeits-, Verkaufs- und Sozialräume oder die Warmwasseraufbereitung zur Verfügung.  

AUCH KÜHLANLAGEN KÖNNEN WÄRMEN 

Kühlanlagen gewinnen innerhalb des täglichen Betriebs der Bäckereien zunehmend an Bedeutung: die Zahl der tiefgefrorenen Backware, die in die Filialen geliefert wird, nimmt seit einigen Jahren zu. Die Betriebe müssen die Produkte dort bis zum Aufbacken kühlen. Parallel wächst damit ihr Anteil in der betrieblichen Energiebilanz. 

Doch auch bei Kühlanlagen können Betriebe Abwärme mit den entsprechenden Geräten gewinnen und weiter nutzen. Und so funktioniert es: Das Kältemittel nimmt die Wärme aus seiner Umgebung auf und verdampft dabei. Dieser Vorgang entzieht der Umgebung Wärme, sie kühlt ab. Im Kompressor wird das verdampfte Kältemittel komprimiert, hierbei entsteht „Kompressionswärme“ – sie kann ebenso genutzt werden, wie die Wärme, die bei der Kühlung des Kältemittels im Kondensator (der neuerlichen Verflüssogung des Kältemittels) abgegeben wird. Die hierbei freigesetzte Wärme kann mithilfe von Wärmetauschern genutzt werden, beispielsweise zum Erwärmen des Wassers oder des Gärautomaten.  

Nach Angaben der MIE können 35 bis 90 Prozent der Abwärme der Kälteanlagen und Kühlsysteme für die Heiz- und Prozesswärme genutzt werden. Die Amortisationszeit der Maschinen liege zwischen zwei und elf Jahren, abhängig von der jeweiligen Abwärmequelle.  

STRUKTURELLE MÖGLICHKEITEN DES ENERGIESPARENS 

Auch ohne Einsatz von Wärmetauschern können Bäckereien die Effizienz der Energienutzung optmieren: Um das Energielevel für die Kühlung insgesamt niedrig halten zu können, müssen Kühlräume optimal ausgelastet werden. Die Größe der Räume sollte auf den üblichen Bedarf angepasst und die Ware entsprechend eng ohne große Zwischenräume gestapelt werden. So können die Bäckereien es vermeiden, leere Räume zu kühlen.  

Darüber hinaus lassen sich positive Effekte erzielen, wenn die Geräte nur dann eingeschaltet werden, wenn sie gebraucht werden und wenn die benötigte Temperatur ermittelt und dann kontrolliert wird. Nach Berechnungen von EnEff Bäckerei sinkt der Energieverbrauch bei Erhöhung der Temperatur pro Grad Celsius (beispielsweise von minus drei auf minus zwei Grad) um vier bis sechs Prozent. Es hilft auch, die Kühltruhen regel­mäßig abzutauen und sie abzudecken.  

WENIGER LICHT SPART GELD 

Ein weiterer Bereich, in dem sich vergleichsweise leicht Geld sparen und Emissionen reduzieren lässt, ist die Beleuchtung. Durch die oft lange Laufzeit an den Tagen kann hier ein hohes Einsparpotenzial gegeben sein. Die Mittelstandsinitiative empfiehlt unter anderem, künstliches Licht in Abstimmung mit dem Tageslicht einzusetzen und, wo dies möglich ist, die Außenbeleuchtung auf die Nachtstunden zu begrenzen. Die MIE rät auch zum Einsatz von Zeitschaltuhren. Ein weiterer Schritt, der für einen langfristigen Effekt sorgt, ist die Umstellung der Beleuchtung von Leuchtstoffröhren auf LED. Dies gilt besonders in den Kühlräumen, da konventionelle Leuchtmittel Wärme abstrahlen. 

PHOTOVOLTAIK SORGT FÜR AUTONOME STROMVERSORGUNG 

Nicht nur das Ringen um niedrigere Kosten stellt das Backhandwerk vor die Aufgabe, energieeffizient zu produzieren. Im Kampf gegen den Klimawandel gilt es, die CO2-Emissionen drastisch zu senken. Die Lebensmittelbranche muss hier nach den Berechnungen des Weltklimarats (IPCC) schnell, effektiv und langfristig aktiv werden. Die Organisation beziffert den Anteil der Branche an den weltweiten Treibhausgasemissionen auf rund ein Drittel – das ist ein großer ökologischer Fußabdruck! 

In den Bäckereibetrieben entfallen 40 Prozent des Energieverbrauchs auf Strom. Neben dem Einsatz energieeffizienter Maschinen kann auch die Erzeugung eigenen Stroms bei der Optimierung der Energiebilanz helfen. Strom aus Photovoltaik und Blockheizkraftwerke reduziert den Anteil des externer Energielieferanten und hilft, den CO2-Fußabdruck kleiner werden zu lassen. 

Der Schweizer Spezialist für Vakuumtechnik Cetravac setzt in der Vakuumofenwerkstatt Udo auf Vakuum, Wasserdampf, Wärmestrahlung und Luftzirkulation. 

„Die Mittelstandsinitiative empfiehlt unter anderem, künstliches Licht in Abstimmung mit dem Tageslicht einzusetzen und, wo dies möglich ist, die Außenbeleuchtung auf die Nachtstunden zu begrenzen.“  

Wolfram Marx 

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