KI-Lösungen helfen, den Umsatz zu steigern, Personal zu entlasten und die Umwelt zu schonen. Bestellungen lassen sich einfach tätigen, frische Vielfalt ist garantiert. Und eine genauere Produktionsplanung führt zu reduzierten Kosten.

„Jedes dritte Lebensmittel in Deutschland wird weggeworfen – 1,7 Millionen Tonnen davon sind Backwaren“, zitiert Dr. Tobias Pfaff, Geschäftsführer von Foodtracks in Münster, die Ergebnisse einer WWF-Studie. Steigende Kundenansprüche an Vielfalt und Verfügbarkeit sowie ständig wechselnde Bedarfe können zu hohen Retourenquoten bei Bäckern führen. Was nicht gespendet, zu Paniermehl oder Tierfutter verarbeitet oder zu Biogas verwertet werden kann, landet auf dem Müll – und verursacht Treibhausgase. Unternehmen wie Foodtracks, Foodforecast oder BäckerAI wollen das ändern. Sie unterstützen das klassische Bäckerhandwerk mit Künstlicher Intelligenz (KI). Ihren Lösungen reduzieren Retouren, fördern den Umsatz und generieren für die Mitarbeiter mehr Zeit, um sich ums Brotbacken und den Verkauf kümmern zu können.  

KI ERKENNT MUSTER IN ­UNSTRUKTURIERTEN DATEN 

Nach ersten Gesprächen mit der Geschäftsleitung und optimalerweise jemandem aus dem Verkauf sowie dem gegenseitigen Kennenlernen können die KI-Software-Programme direkt an Waren- und Kassensysteme angeschlossen werden. Während der Onboarding-Phase wird das Programm auf das jeweilige Unternehmen abgestimmt. Mitarbeiter werden geschult. „Ab fünf Filialen lohnt sich die Nutzung von KI“, sagt Pfaff. Ist die Software aktiviert, kann sie vom ersten Tag an Bestellungen übernehmen.  

„Wir machen eine kostenlose Pilotphase von ein bis zwei Monaten. In Live Testings mit Prognosen wird der Unterschied mit und ohne KI deutlich sichtbar“, sagt Justus Lauten von Foodforecast in Köln. Ein großer Kunde des Startups ist die Feinbäckerei Ruch mit 80 Filialen zwischen Kassel und Hildesheim. „Wir arbeiten in unseren eigenen Filialen bereits erfolgreich mit Foodforecast zusammen“, sagt Jan Philipp Gresens, einer der drei Geschäftsführer von Ruch. „Deshalb war für uns klar, dass wir auch den Prozess zur Belieferung der 53 Aldi-Märkte gemeinsam automatisieren und optimieren werden.“  

„Ist das System einmal etabliert und mit Daten versorgt, kann im Prinzip eine Person mit einem Klick die Bestellung für 100 Filialen aufgeben“, sagt Franz Seubert von BäckerAI in Großrinderfeld. Die KI erkenne Muster in unstrukturierten Daten, beachte Schulferien, Feiertage, Wetter, Werbeaktionen, Sortimentsaufteilung ebenso wie den Urlaub eines anderen Bäckers im Ort oder den Termin eines Straßenfests.  

Darüber hinaus könne der automatisierte Bestellprozess Bäckereibetriebe bei Personalmangel und dem Fehlen erfahrener Mitarbeitenden entlasten. Zumal auf das menschliche Gefühl nicht immer Verlass ist. Die KI habe keine persönlichen Vorlieben. „Sie wird außerdem nie krank und macht keinen Urlaub“, ergänzt Seubert.  

Retouren sind nicht nur schlecht fürs Klima, sondern auch für die Kasse – vor allem, wenn es sich um Schwarzwälder Kirschtorte oder Schnitzelbrötchen handelt. So spare ein automatisierter Bestellprozess nicht nur Zeit, sondern steigere auch die Rendite. 

Die Bäckerei Schäfer mit 150 Filialen und zahlreichen Verkaufsstellen im Einzelhandel arbeitet mit BäckerAI zusammen, um die Umsätze und Retouren zu optimieren.   

WENIGER RETOUREN UND FRÜHE AUSVERKÄUFE 

Frühe Ausverkäufe tun anders weh – die Umsätze bleiben im Konjunktiv. KI kann auf zuverlässige Art und Weise unterstützen, immer ein frisches, abwechslungsreiches Angebot zu haben. „Ihr fällt auch auf, wenn eine Bestellung von 30 Baguettes auf den regulären Tagesumsatz gebucht wird und sie weist bei der nächsten Bestellung darauf hin, dass das ein Ausreißer sein könnte und fragt, ob das tatsächlich stimmt“, sagt Foodtracks Geschäftsführer Pfaff.  

Über 60 Bäckereien arbeiten mit dem Data-Science-Unternehmen zusammen – seit 2019 auch die Bäckerei Härdtner in Neckarsulm mit ihren 60 Filialen. Sie hat zwei Module: Filial Radar und Bestell Tuning. „Filial Radar nutzen Mitarbeiter, die vorher nicht mit Kennzahlen gearbeitet haben – auch die, die schon seit 30 Jahren dabei sind. Selbst die Verkaufsleiterin, die bald in Rente geht, hat mit dem Tool die Angst vor den Zahlen überwunden“, so Geschäftsführer Nicolas Härdtner. 

Und wenn man möchte, kann die KI auch intelligente Tagespläne erstellen und über die App alle ein bis zwei Stunden signalisieren, welche Teigrohlinge noch aufgebacken werden sollten. Denn das Wetter beziehungsweise die Temperaturen spielen eine große Rolle: Ist es heiß, sinken die Umsätze. Scheint die Sonne bei 20 Grad, kaufen sich die Leute Sandwiches oder Teilchen und setzen sich nach draußen.  

VERMEIDBARE PROBLEME IN DER PRODUKTION 

Vernetzte Software trägt auch in der Produktion dazu bei, Kosten zu senken und Personal sinnvoll einzusetzen. Die Herstellung kann mittels Digitalisierung und KI deutlich optimiert werden. Sie kann helfen, Ausschussraten zu reduzieren, Maschinen effizienter zu belegen und dem Verlust von Know-How durch Fluktuation in der Belegschaft entgegenzuwirken.  

Werden Produktionsdaten mit Predictive Quality- beziehungsweise Predictive Maintenance-Lösungen verbunden, können Ursachen für Qualitätsprobleme nicht nur frühzeitig identifiziert werden. Sie können sogar vorausgesagt und damit verhindert werden. „Unser Wartungstool sagt voraus, welche Wartung wann nötig ist, wie lange sie dauert und welcher Personalbedarf besteht“, sagt Thorsten Iborg von DIOSNA in Osnabrück. So werden Prozesse nicht unnötig und unvorhergesehen unterbrochen. „Gibt es doch mal Schwierigkeiten, können sich unsere Techniker über Remote Maintenance auch im laufenden Betrieb dazuschalten.“ 

In einer digitalisierten Bäckerei ist es dank entsprechender Software-Programme möglich, die auf einer Fläche verteilten Systeme von einer zentralen Stelle aus zu steuern. Mit einer Kalenderfunktion kann der Tagesablauf mit Autostart, Sperrzeiten oder Reinigung genau geplant werden. Backkammern und Backvorgänge können einzeln auf dem Dashboard beobachtet, einzelne Rezepte oder Daten-Sets zu Produkten und Backprogrammen abgerufen werden. „Falschdosierungen können identifiziert und somti reduziert werden“, so Iborg. Die Qualität bleibt immer gleich, auch wenn der geübten Teigmacher wegen Krankheit ausfällt. 

ASSISTENZSYSTEM REDUZIERT FEHLER  

Croissants vertragen das Brot-Programm nur selten. „Über 50 Prozent der Backvorgänge werden trotz bedienerfreundlicher Steuerung durch Benutzerfehler beeinträchtigt“, heißt es bei DEBAG in Bautzen. Mit Unterstützung des Oven Station Assistants, der in Zusammenarbeit mit PreciTaste, einem Technologieunternehmen im Bereich KI für Restaurants, entwickelt wurde, können Anwenderfehler vermieden werden. Das Assistenzsystem erkennt mittels KI und Kameratechnik Art und Menge der Backwaren, sobald diese gebacken werden sollen. Die Ofenparameter werden dann automatisch eingestellt. Damit hilft das Programm auch, Energiekosten zu reduzieren. Die gleichbleibende Backwaren-Qualität ist garantiert, selbst wenn unerfahrenes Personal am Werk ist.  

ÄLTERE BACKÖFEN IN DIE DIGITALE WELT INTEGRIEREN 

Wer mit einer Mischung aus Einzelöfen und Backstationen arbeitet, die (noch) nicht vernetzt sind, kann das auch im Nachhinein tun. Miwe, Spezialist für Backstationen und Bäckereianlagen in Arnstein, bietet mit der connect:box eine Lösung, auch ältere Backöfen in die digitale Welt zu integrieren. So kann man über einen Bildschirm Einblicke in nützliche Daten mit Optimierungspotenzial gewinnen und Maschinen auch aus der Ferne verwalten.  

In Bäckereibetrieben jeder Größe treffen verschiedene Systeme aufeinander. Neben den Kassensystemen in den Filialen sind auch Softwarelösungen in der Verwaltung zum Beispiel im Bereich Buchhaltung, Rezeptverwaltung, Produktkennzeichnung oder Online-Bestellungen im Einsatz.  

Das Herzstück bildet in der Regel eine Bäckereisoftware. Um in allen Systemen, die in einer Bäckerei eingesetzt werden, die gleichen Daten zu verwenden, sollten diese zentral in allen Systemen aktuell gehalten werden. Das führende System sollte eine Software sein, die die Daten auch an alle anderen eingesetzten Systeme schicken kann – eben die Bäckereisoftware. Das Ziel ist: Möglichst wenig Aufwand für den Bediener sowie konsistente und aktuelle Daten in allen verwendeten Systemen.  

WIE DIGITALISIERUNG UND VERNETZUNG GELINGEN 

Um Bäckereien den Weg der Digitalisierung zu ebnen, hat OptimoBercher, Softwarepartner für Bäckereien in Friedrichshafen, einen Digitalisierungs-Guide herausgegeben. „Wenn eine Software nur Lieferscheine und Rechnungen drucken kann, bietet das dem Anwender keinen Mehrwert“, sagt David Bercher, geschäftsführender Gesellschafter von OptimoBercher. „Die richtige Software hilft dabei, den Gesamtprozess zu optimieren und weitestgehend zu automatisieren.“  

Digitalisiert ist eine Bäckerei, wenn zentral alle Daten für Produktion, Versand und Abrechnung gepflegt kann können. Die Software sollte mit weiteren Systemen, wie dem Kassensystem kommunizieren können. Es sollte die Möglichkeit bestehen, Bestellungen und Lieferungen mit wenig Aufwand einzugeben. Kunden sollten die Möglichkeit haben, Bestellungen selbst zu tätigen.  

Ob im Verkauf, bei Bestellungen, in der Produktion oder im Marketing – die KI ist zu einer entscheidenden Hilfe fürs Handwerk geworden. So müssen sich Bäcker und ihre Teams sich nicht mehr über Dinge beugen, die zeitaufwändig sind und besser von mitdenkender Software erledigt werden. Und können sich mehr aufs Backen und den Verkauf konzentrieren. 

Kirsten Rein 

„Jedes dritte Lebensmittel in Deutschland wird weggeworfen –  1,7 Millionen Tonnen davon sind Backwaren“   

Dr. Tobias Pfaff, Gründer und Geschäftsführer FoodTracks  

„In Live Testings mit Prognosen wird der Unterschied mit und ohne KI deutlich sichtbar.“   

Justus Lauten, Gründer foodforecast 

Die digitale Plattform iba.UNIVERSE

Die Digitalisierung macht nicht nur den Bäckereialltag einfacher, sondern auch den Messebesuch der iba. iba.UNIVERSE ermöglicht eine völlig neue Art, sich auf die Messe vorzubereiten: Über iba.UNIVERSE können Teilnehmer nicht nur nach spannenden Ausstellern, sondern auch gezielt nach redaktionellen Inhalten suchen.

Zu den iba.TOPICS Handwerk, Food Trends, Gesundheit, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Komplettlösungen und Qualitätsmanagement können bereits heute spannende Beiträge entdeckt werden. Messebesucher können darüber hinaus schon vor der iba neue Geschäftsfelder und poten­zielle Partner kennenlernen. Auf der Messe selbst können diese dann gezielt besucht werden.

Sein Netzwerk erweitern und Kontakte pflegen wird mit iba.UNIVERSE leicht gemacht, indem man Ausstellern folgen kann und so auf dem Laufenden bleibt. Mit
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