Leidenschaft und Hingabe führten die Schweizer Confiseurin Juliana Thöny 2022 zu den renommiertesten ­Lehrmeistern der Branche – und zum Titel bei den WorldSkills. 

Seit ihrem Sieg bei den WorldSkills Competitions im Oktober 2022 ist Juliana Thöny eine Art medialer Shooting-Star in ihrer schweizer Heimat. Die Confiseurin bescherte den Eidgenossen die erste Goldmedaille in dieser Berufsdisziplin seit 19 Jahren. Die Liste der schweizer Tages- wie Fachmedien, die mehr über die 24-Jährige erfahren wollten, war recht lang. Selbst der Schweizer TV-Sender SFR lud die Aargauerin zum Live-Gespräch ein.  

Dabei ist Juliana Thöny niemand, der gezielt das Rampenlicht sucht. Zwar meisterte sie den Medienmarathon souverän, blieb dabei aber stets bescheiden. Vielmehr lebt sie sich in ihrem Beruf aus: „Süße Produkte, die geschmacklich und optisch perfekt zu einem kleinen Kunstwerk harmonieren, faszinieren mich immer wieder.“  

Trotz ihres jungen Alters ist Thönys Vita überaus beachtlich. Zwischen 2016 und 2019 absolvierte sie ihre Lehre zur Bäckerin-Konditorin-Confiseurin bei der renommierten Confiserie Sprüngli AG. Direkt im Anschluss ging sie für ein sechsmonatiges Praktikum nach London, genauer gesagt in den Mosimann’s Club. Der vom Schweizer Spitzenkoch Anton Mosimann gegründete private Restaurant-Club zählt zu den exklusivsten Etablissements weltweit. „Ich wollte sowohl meine sprachlichen als auch meine fachlichen Fähigkeiten weiterentwickeln. Nach der Lehre war dafür der beste Zeitpunkt und London der optimale Ort“, erinnert sich die Schweizerin.  

Auch in der Folge hielt es sie zumeist nur für begrenzte Zeit bei ihren – durchweg namhaften – Arbeitgebern. Schließlich lautete ihre oberste Prämisse „Erfahrungen sammeln“. Unter anderem war sie als Commis Pâtissier für eine Sommer- und Wintersaison im 5-Sterne Hotel „The Alpina“ Gstaad tätig sowie für drei Monate als Konditorin/Confiseurin in der Confiserie Al Porto in Tenero-Contra am Lago Maggiore: „Das war mein erster Arbeitsaufenthalt in der italienischen Schweiz und das, obwohl ich bis dahin kein Wort italienisch gesprochen habe. Aber um sich weiterzuentwickeln, sollte man hin und wieder über den eigenen Schatten springen.“ 

Thöny brennt sichtlich für ihr Handwerk, empfindet ihren Beruf im wahrsten Sinne des Wortes als Berufung. Mit Freude und Herzblut gleichermaßen ist sie stets auf der Suche nach dem gewissen Extra. Ohne diese Hingabe hätten sich ihre fachlichen Erfolge wohl kaum eingestellt. 2019 war sie die beste Auszubildende im Kanton Zürich, 2020 errang sie den Sieg bei der Schweizer Meisterschaft der Konditoren/Confiseure.  

Und 2022 folgte schließlich die Krönung mit dem Titel bei den WorldSkills, den Berufsweltmeisterschaften. Ursprünglich sollten diese in Shanghai stattfinden, mussten aufgrund der in China noch herrschenden Corona-Beschränkungen allerdings umorganisiert werden. Und so erhielt Thöny unerwarteter Weise ein Heimspiel. Statt an einem neuen Hauptaustragungsort fanden die Wettkämpfe dezentral an verschiedenen Orten statt. Die Konditoren/Confiseure traten schließlich in der Fachschule Richemont im schweizerischen Luzern gegeneinander an, der Einrichtung, an der die Süßwarenspezialistin seit 2021 angestellt ist. 

Als ausgewiesene Perfektionistin überließ Thöny in der Vorbereitung auf das Großereignis nichts dem Zufall. Um ihre Fähigkeiten auf ein neues Level zu bringen, ging sie gleich zweimal ins Ausland. Ein kürzerer Abstecher führte sie nach Frankreich zum Zuckerkünstler Stéphane Klein. „Es war beeindruckend, was ich dort alles über das Zuckerziehen hinzugelernt habe.“ Außerdem absolvierte sie als erste Schweizerin eine zehnwöchige Ausbildung an der Pastry Academy in Las Vegas. Unter der Leitung des schweizerisch-französischen Starkonditors Amaury Guichon lernte sie vor allem neue Techniken für die Gestaltung beeindruckender Pâtisseriekunst und Schaustücke.  

Kunstvolle Schokoladengebilde sind nicht nur ein elementarer Bestandteil der Wettkämpfe, sondern zugleich das Steckenpferd der Confiseurin. In den filigranen Kunstwerken kann sie ihre Kreativität voll ausleben. „Im Arbeitsalltag bekommt man zwar eher selten die Gelegenheit, derartige Schaustücke zu kreieren, doch wenn, dann durfte ich in meinen bisherigen Stationen zumeist diesen Part übernehmen“, verrät sie. Der Exkurs in die schillernde Wüstenmetropole machte sich letztlich bezahlt. „Die Expertinnen und Experten waren sich alle einig, dass Juliana eine Klasse für sich war“, resümierte Vanessa Schnyder, Julianas Haupttrainerin während des Events und 2013 selbst Teilnehmerin, im Rahmen der Preisverleihung.  

Die Jury begeistere sie unter anderem mit einem Schaustück, das dem vorgegebenen Motto „Zirkus“ gewidmet war. „Ich habe die Torte bewusst untypisch eingesetzt, was zunächst alle verwunderte. Allerdings gelang es mir so, dass bei jedem Tortenanschnitt optisch ein Zirkuszelt entsteht“, erklärt sie den besonderen Wow-Effekt, der die Jury überzeugte. Für Thöny stellte nicht nur der WM-Titel ein überwältigendes Gefühl dar, sondern allein die Möglichkeit, ihr Land bei einem derartigen Wettkampf repräsentieren zu dürfen. „Ich wollte einfach eine überzeugende Arbeit abliefern. Wenn dann am Ende jemand besser gewesen wäre als ich, wäre das für mich vollkommen in Ordnung gewesen.“ Diese Mischung aus großer Hingabe und Ehrgeiz, ohne sich jedoch allzu sehr unter Druck zu setzen, mag etwas paradox klingen. Doch wahrscheinlich ist es gerade sie, die die Aargauerin so stark macht.  

Diese Fähigkeit hat offenbar auch ihren beruflichen Werdegang geprägt: Im Wissen um ihre fachlichen Fähigkeiten lässt sie sich bei Entscheidungen überwiegend von ihrer Intuition leiten. „Meine spontanen Entschlüsse waren letztlich immer die besten. Wenn sich irgendwo eine Chance ergibt, dann ergreife ich sie“, sagt Thöny. Die Auslandsaufenthalte, die diversen Anstellungen, die Berufswettkämpfe – all diese Stationen hätten sich stets aus der jeweiligen Situation heraus ergeben, versichert sie. Einen konkreten Karriereplan verfolge sie indes nicht. Wohin sie ihr Weg als nächstes führt, vermag sie daher nicht vorherzusagen: „Selbständig zu kreieren und es im Alltag anzuwenden ist eines meiner Ziele, um meine eigene unverwechselbare Handschrift weiterzuentwickeln“. 

Bei allem Wissensdurst teilt Thöny ihre Erfahrungen am liebsten mit jungen Berufskollegen: „Ich zeige gern, dass man in unserem Beruf mit vergleichsweise einfachen Mitteln wunderbare Dinge erschaffen kann.“ So coacht sie im Rahmen ihrer Fachschultätigkeit oder auch auf Karrieremessen und Berufswettbewerben junge Fachkräfte und freut sich mit ihnen über die gemeinsamen Fortschritte.  

Gleichwohl vermittelt sie, dass der Beruf des Konditors ungeachtet seiner Faszination eine anspruchsvolle Arbeit ist: „Man ist ständig und teilweise auch sehr lange auf den Beinen, so bleibe ich auf jeden Fall fit.“ Auch die Arbeitszeiten haben es je nach Anstellung in sich. Vom Arbeitsbeginn um 4 Uhr morgens bis hin zu Spätschichten bis nach Mitternacht hat sie bereits alles erlebt. Ausgleich zum herausfordernden Alltag findet sie beim Sport oder Wandern in der Natur.  

Einen familiären Bezug zum Konditoreiwesen besitzt Thöny nicht, zumindest glaubte sie das lange Zeit. Vielmehr war es der Wunsch, einen Beruf zu erlangen, in dem sie ihre Kreativität einbringen kann, der sie letztlich in die Welt der süßen Kostbarkeiten führte: „Erst nachdem ich meine Lehre begonnen hatte, erzählte mir meine Mutter, dass mein Großvater, den ich leider nicht mehr kennenlernen konnte, ebenfalls Konditor war.“ Vielleicht lag der vermeintlich unvorgezeichnete Weg doch in ihren Genen? 

Filip Lachmann 

„Selbständig zu kreieren und es im Alltag anzuwenden ist eines meiner Ziele, um meine eigene unverwechselbare Handschrift weiterzuentwickeln“. 

Juliana Thöny, Bäckerin-Konditorin-Confiseurin 

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